Vor mehr als 75 Jahren hob erstmals ein Gleiter auf dem Degerfeld ab. Damit war der Startschuss für einen der ältesten und traditionsreichsten Segelflugplätze im Land gefallen.
Schon zehn Jahre früher, 1923, schlossen sich eine handvoll Leute zusammen, um den Traum von der Fliegerei zu verwirklichen. Um Anton Riediger, Jagdflieger im Ersten Weltkrieg, und die Flugbeobachter Karl Häffner und Karl Maier scharten sich einige junge Leute. Ihr Ziel war es, das Erlebnis des Fliegens ohne Schrecken und Greuel auf sportlicher Grundlage wiederzubeleben. Fünf Jahre lang bastelten sie in privaten Kellern an der Eigenkonstruktion eines Segelflugzeugs. Baupläne gab es damals nicht, die Rahmenbedingungen waren mehr als bescheiden. Nach Krieg und Inflation kam wirtschaftliche Not. Trotzdem gelang es den Unentwegten, mit Kraftfahrzeugmechaniker Ernst Keppeler, ein Doppeldecker-Segelflugzeug zu bauen. 1928 zogen sie die Maschine hinauf auf den Salenbühl zum ersten Start. Es war ein nebliger Sonntag, als Anton Riediger, Apotheker Karl Häffner, Karl Maier, Karl Binder, Ernst Käppeler, Ernst und Emil Herter sowie Eugen Nädelin und Karl Haux am Hang standen und auslosten, wer als erste fliegen durfte. Die Wahl fiel auf Eugen Nädelin. Seine Kameraden klinkten das Hanfseil am Flieger ein und rannten mit dem Strick hangabwärts los. Der Segler hatte schon zehn Meter Höhe erreicht, als eine Windböe das Flugzeug erfasste. Die Maschine kippte über den Flügel ab und stürzte in ein Gebüsch. Eugen Nädelin kam mit einigen blauen Flecken davon, das Flugzeug war hingegen komplett zerstört, die jahrelange Arbeit futsch. Die Enttäuschung war zwar groß, die Gruppe ließ sich aber nicht entmutigen. Ein Jahr später war der neue Schulgleiter fertig.Fliegerurlauben an. Kontakte hat der LSV in die Schweiz, nach Holland und nach Frankreich.
1926 wurde in der Sigmaringer Straße in Ebingen, wo heute ein Supermarkt steht, der erste Flugplatz angelegt. Triebfeder war Anton Riediger, späterer Flugkapitän. Der erste öffentliche Großflugtag fand zur Eröffnung statt. Ende der 20er-Jahre gab es bereits regelmäßigen Segelflugbetrieb im Albstadt. Die Fliegergruppen Ebingen, Bitz und Tailfingen starteten am Mehlbaum, am Heerberg, um Bitz, Tailfingen, Hermannsdorf und Onstmettingen. Eine feste Heimat hatten sie nicht. Die Gleiter waren in privaten Garagen untergestellt, wurden bei jedem Flugtag an einen geeigneten Hang gebracht und dort aufgerüstet.
Die Geschichte des heutigen Fluggeländes begann mit einem Treffen der Flug- und Arbeitsgruppen (FAG) Bitz, Ebingen, Hechingen und Balingen auf dem Degerfeld. Die sanfte Mulde im Karstgebiet des Schwäbischen Jura, 900 Meter über dem Meeresspiegel gelegen, sagte den Segelfliegern zu. Von der Anhöhe Auf Bergen fällt das Gelände sanft und ohne Hindernisse nach Westen hin ab. Ein idealer Platz für Gleitflüge mit Gummiseilstarts.
1935 brachte Rudolf Diemer aus Rossitten die Anregung für eine Motorwinde mit, die umgesetzt wurde. Mit Ausklinkhöhen von 200 Metern war ein weiterer Schritt gelungen, der Einstieg in den thermischen Segelflug. Die Zeit des Leistungssegelflugs im heutigen Raum Albstadt begann, ehe der Zweite Weltkrieg ausbrach und die Privatfliegerei bis 1950 am Boden lag.
Die Flugbegeisterten auf der Alb ersehnten sich den Tag herbei, an dem die Alliierten das Flugverbot für alle Deutschen wieder aufhoben. Sie sammelten sich um Anton Riediger und Rudolf Diemer. In Ebingen wurde mit dem Bau eines einsitzigen Seglers Grunau Baby III begonnen. Die Maschine mit dem Kennzeichen D-9001 war das erste selbstgebaute Segelflugzeug in der Bundesrepublik Deutschland. Erststart war 1951 auf dem Klippeneck. Von dort an ging die Entwicklung steil aufwärts. In Ebingen wurde ein Doppelsitzer MÜ 13E gebaut, in Tailfingen ein Schulgleiter SG 38. Die Fliegergruppe Bitz hatte einen Doppelraab im Bau. Durch die Doppelsitzer war die Schulung nun sicher, der Segelflug wurde für jeden Interessenten zugänglich, vor allem für die Jugend. Der Zufall brachte Julius Johann, Flugzeugbauer, nach Ebingen. Seine Kenntnisse und Erfahrungen beflügelten die Entwicklung auf dem Degerfeld.
In mühevoller Kleinarbeit und durch die Flurbereinigung konnten die heutigen Platzverhältnisse geschaffen werden. Die Stadt Taiflingen stellte eine Baracke zur Verfügung, sie wurde die erste Unterkunft für Flieger, Maschinen und Geräte auf dem Degerfeld. Der Baden-Württembergische Luftsportverband finanzierte im Land vier große Segelflugzeughallen, eine davon auf dem Degerfeld. 1956 wurde sie eingeweiht.
1957 kam das erste Motorflugzeug, eine Piper L4, auf das Degerfeld, 1966 wurden die Boxenhalle und die Flugleitung mit dem Turm errichtet, 1974 die heutige Flugplatzgaststätte. Später kamen zwei weitere Hallen, die Werkstatt und der angegliederte Campingplatz mit sanitären Anlagen dazu.
Am 25. Mai 1966 schlossen sich die einstigen Fliegergruppen Ebingen, Tailfingen und Bitz zum heutigen LSV Degerfeld zusammen. Lange Diskussionen und Vorbereitungen waren vorausgegangen, aber der Schritt erwies sich als richtig: Der Rationalisierungseffekt war groß, Flugzeugpark und Infrastruktur konnten gemeinsam erheblich verbessert werden. Der Leistungssegelflug bekam ungeahnten Auftrieb. Durch neue Maschinen und eine leistungsfähige Winde waren plötzlich Streckenflüge über mehrere hundert Kilometer möglich. Das Degerfeld entwickelte sich zum idealen Segelfluggelände.
Heute hat der LSV Degerfeld rund 250 Mitglieder, darunter an die 15 Flugschüler und -schülerinnen. Etwa 140 Mitglieder sind aktive Piloten. Der Verein hat elf eigene Segelflugzeuge in allen Leistungsklassen, einen Motorsegler und eine Motormaschine. 4000 Starts pro Jahr werden auf den Vereinsmaschinen absolviert. Ferner sind eine Reihe von privaten Maschinen am Platz stationiert, darunter mehrere legendäre Bücker-Doppeldecker. Der Platz lockt bis heute Segelflieger aus dem In- und Ausland zu Fliegerurlauben an. Kontakte hat der LSV in die Schweiz, nach Holland und nach Frankreich.